Gewerbebaugruppe Spreestudios: Neues Modell für das Schaffen von „Freiraum für Freidenker“

Ein Glücksfall von Grundstück in einer Lage und Atmosphäre, die kaum zu glauben ist: Dieses Setting war der Ausgangspunkt und bleibt die Verbindung für die Gewerbebaugruppe hinter den „Spreestudios“, die als innovative Standortgemeinschaft für ein neuartiges Vorgehensmodell zur Entwicklung von Büro- und Gewerbeflächen steht, und zu der auch REALACE gehört.

Die Geschichte dieses Ortes ist ausgesprochen ungewöhnlich und für die meisten, die von ihr hören, neu: Auf dem Gelände mit der heutigen Adresse „Zur Alten Flussbadeanstalt 1“, in direkter Wasserlage an der Rummelsburger Bucht im Ortsteil Lichtenberg, war vor etwas weniger als 100 Jahren noch die größte Flussbadeanstalt der Stadt („Städtisches Flußbad Lichtenberg“) in Betrieb. In den 1920ern wurde das Freibad eingerichtet, erfreute sich schnell großer Beliebtheit. Knapp eine halbe Millionen Menschen sollen in einer Saison hier ihre Freizeit verbracht haben. Nachdem es 1944 zwischenzeitlich kriegsbedingt geschlossen, und dann, in Teilen zerstört, noch einmal wiedereröffnet wurde, ging das Bad letztlich gegen Ende der 50er Jahre in den Betrieb des DDR-Zolls über; das Gelände und sämtliche Gebäude wurden nunmehr für die Unterbringung und Wartung von Dienstfahrzeugen genutzt; bis zur Wende, dann wurde es hier still. Nach einer europaweiten Ausschreibung und dem Verkauf des Geländes im Jahr 2011 an den Entwickler Christian Rosche, Initiator der Spreestudios GmbH & Co. KG, kann dieser Ort eine neue Geschichte schreiben und zum „Freiraum für Freidenker“ werden. Zu einer Aufenthalts- und Arbeitslandschaft, die nur durch eine ortsbegeisterte Community möglich wird… sich aufhalten, fokussieren, abwägen, radikal denken, entwerfen, anknüpfen, Gespräche führen, aufatmen, entspannen, verweilen, anstoßen, kommen und gehen, wiederkommen.

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Die Idee:

Partner, die die Begeisterung für diesen außergewöhnlichen und noch „rohen“ Ort teilen, erklären sich bereit, auf unkonventionellem Wege hier einen Möglichkeitsraum zu entwickeln und die gesamte Fläche gemeinsam auszugestalten – als Gewerbebaugruppe und innovative Standortgemeinschaft.

Das Vorhaben:

Die ehemaligen Garagen mit Größen von 70–250 m² werden zu Ateliers und Arbeitswelten für Kreative, Freidenker, Freischaffende umgebaut. Verschiedene Workshop-, Büro-, Gewerbe- und Temporary-Residence-Konzepte werden umgesetzt. Charakteristische Elemente aus Flussbadzeiten – wie der alte Springturm an der Steganlage – werden reaktiviert und neu interpretiert.

Das Vorgehensmodell:

Bis zur Erteilung der Baugenehmigung wird das Projekt seitens Spreestudios GmbH & Co. KG entwickelt, parallel erfolgt die Aufstellung einer Baugemeinschaft, die sich verpflichtet, auf Basis der Baugenehmigung das Objekt gemeinsam zu errichten. Ab Baugenehmigung werden die einzelnen Gebäuderohlinge an die Partner verkauft. Der Entwickler behält mindestens eine Einheit und wird zum Geschäftsführer der Baugemeinschaft.

„Der Vorteil dieses Entwicklungsmodells liegt eindeutig darin, dass das kreative Potential einer aus Freidenkern bestehenden Baugruppe für die Ausbildung eines ungewöhnlichen Ortes dieser Qualität gebündelt werden kann. Und im Nachgang, aufgrund der geführten Entwicklung bis zur Baugenehmigung, mögliche Entscheidungsblockaden innerhalb der Baugemeinschaft ausgeschlossen sind.“Daniel Bormann, Mitbegründer und Geschäftsführer von REALACE

Der Innenausbau der Einzelgebäude erfolgt als Rohling. Die Entwicklung einer Ausbauvariante obliegt dann den jeweiligen Teilnehmern der Baugruppe und kann, muss aber nicht, errichtet werden; entlang der Vorstellungen der Nutzergruppe, die z. B. in der Außenwirkung eine qualitätsvolle und einheitliche Erscheinung anstrebt, im Inneren allerdings die Möglichkeiten freier Gestaltung nutzen will, wird entschieden. Durch den Verkauf der Einheiten mit einer klaren Definition des Bausolls – betreffend Baugenehmigung und Baubeschreibung – sowie der Rolle des Entwicklers als Geschäftsführer wird dabei sichergestellt, dass die Baugruppe sich in späteren Phasen nicht mangels notwendiger Entscheidungen blockieren kann. Im Falle unterschiedlicher Meinungen bezüglich Änderungen wird der ursprünglich vereinbarte Bausoll realisiert. Idealerweise werden potenzielle Baugruppenteilnehmer deshalb schon in der frühen Planungsphase bezüglich Feedback und Optimierung des Produktes integriert. So ist  beispielsweise der Masterplan für die Spreestudios mit den Umbau der bestehenden Garagen zu Ateliers, und dem Aufbaus von Kuben für temporäres Wohnen, im Rahmen von Workshops konsequent gemeinsam entstanden.

„Hier zu arbeiten und zu denken ist wie alle Fenster im Haus aufzureißen, wie Stoßlüften! Man kommt auf Gedanken, für die es sonst keinen Raum gegeben hätte.“Edzard Brahms, Mitbegründer und Geschäftsführer von REALACE

Die Eigentümerschaft der Gewerbebaugruppe erzeugt durchweg eine andere Auseinandersetzung mit dem Ort und dem Projekt, als es bei einer reinen Mieterschaft der Fall wäre. In der Ausbildung und Pflege einer gemeinsamen Energie – sowohl für die Einzelprojekte wie auch für das gesamte Projekt – manifestiert sich das innovative Moment dieser Art von Standortgemeinschaft. Gleichzeitig liegt für den Entwickler der Mehrwert auch in einem verringerten Kapitalbedarf und dem kontrollierten Entwicklungsrisiko gegenüber dem klassischen Bauträgermodell. Der Erfolg dieses Vorgehensmodells wird allerdings immer abhängig sein von anschlussfähigem Austausch, da der gesamte Prozess der Entwicklung und Realisierung von einem sehr hohen Kommunikationsbedarf geprägt ist. Erforderlich bleibt stets die Bereitschaft, ein Gespür für die Wünsche, auch die Befindlichkeiten, der eigenen Baugruppe mitzubringen, interessiert und stets im Dialog zu bleiben.

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Sämtliche in diesem Beitrag gezeigten Bilder sind im Rahmen von REALACE Projekten und in Zusammenarbeit dem Fotografen Jonas Holthaus entstanden.